Okinawa-Diät – das Geheimnis des gesunden Alterns?

Der ungewöhnliche Name dieser Diät wurde nicht ohne Grund gewählt. Er beruht auf ihrer Herkunft, den Okinawa-Inseln, einer südjapanischen Inselgruppe. Die Einwohner*innen dieser Insel sind außergewöhnlich alt und dazu erstaunlich gesund! Wie ist das möglich? Haben sie womöglich den geheimen Jungbrunnen auf ihrer Insel versteckt?!

Um den Antworten dieser Fragen auf die Spur zu kommen, erforschten bereits einige Wissenschaftler*innen die Okinawa-Inseln. Dabei wurde besonders der nördlich gelegenen Hauptinsel Ogimi eine Menge Aufmerksamkeit geschenkt, denn der letzten Zählung nach sind 15 der 3.000 Inselbewohner*innen von Ogimi bereits hundert Jahre alt oder sogar noch älter. 171 der Dorfbewohner*innen dürfen sich stolz in ihren Neunzigern zeigen. Viele von ihnen leben in diesem hohen Alter noch unabhängig und vor allem gesund! Die Zahlen der Herzinfarkte, Schlaganfälle und Krebserkrankungen der Menschen in Okinawa und somit auch dem Dorf Ogimi sind gering.

Doch egal wie häufig Wissenschaftler*innen nach der Quelle der ewigen Jugend suchten, sie fanden keine. Der Hauptforscher Craig Willcox der Okinawa Centenarian Study, die seit 1975 das Altersphänomen in Okinawa untersucht, ist der Meinung, dass die entscheidenden Faktoren zu ihrer Langlebigkeit Bräuche, die Genetik und vor allem die Ernährung seien. Besonders der Aspekt Ernährung ist für uns als Ökotrophologinnen natürlich besonders interessant. Dass man viele Krankheiten durch eine ausgewogene Ernährung vermindern, verhindern und sogar heilen kann, haben wir unter anderem in diesen Blogposts gezeigt:

Doch welche Ernährungsweise kann Menschen auf der Insel der Hundertjährigen so gesund alt werden lassen? Für die Antwort nehmen wir den Speiseplan der Hundertjährigen mal etwas genauer unter die Lupe:

  1. sehr viel abwechslungsreiches Gemüse wie Shiitake-Pilze, Bittermelone, grünes Blattgemüse und Goya-Gurken
  2. Meeresfrüchte wie Meeresalgen und Fisch bieten gute Fette und Proteine; Fleisch, vor allem verarbeitetes, findet man eher selten auf dem Speiseplan
  3. proteinreiche Sojaprodukte wie Tofu und Miso (japanische Würzpaste aus fermentierten Sojabohnen)
  4. frisch gebrühter, ungesüßter Kräutertee zu den Gerichten
  5. vorwiegend kohlenhydratreiche Lebensmittel mit hoher Nährstoffdichte und vielen Ballaststoffe, z. B. Süßkartoffeln, Wurzelgemüse und Buchweizen statt Reis und Nudeln; diese Kohlenhydrate werden meist mit Meeresfrüchten, Gemüse und Soja kombiniert

Auf den ersten Blick fällt auf, dass die Okinawa-Ernährung reich an Nährstoffen und trotzdem recht kalorienarm zu sein scheint. Das liegt vor allem an dem hohen Verzehr von energiearmen und dafür nährstoffreichen Lebensmitteln wie z. B. viel Gemüse, Meeresfrüchte und Sojaprodukte.
Außerdem wirken viele der Lebensmittel entzündungshemmend und gegen oxidativen Stress. Bei den Kohlenhydraten wird statt auf Quantität mehr auf Qualität geachtet. Super! Dafür werden mehr eiweißreiche Lebensmittel gegessen, vor allem aus pflanzlichen Quellen, aber auch aus Meeresfrüchten und Fisch. Abwechslungsreiche Proteinquellen sind wichtig, damit der Körper das Eiweiß besonders gut verarbeiten kann. Der Fisch liefert außerdem die wichtigen und essenziellen Omega-3-Fettsäuren.
Ebenfalls ein Pluspunkt: Die Inselbewohner*innen verzichten weitestgehend auf verarbeitete Produkte, Trans-Fettsäuren aus verarbeiteten Lebensmitteln und viel Zucker.

Doch nicht nur was sie essen ist wichtig, sondern auch wie. Denn die gelassene, gesellige und stressfreie Lebensweise der Bewohner*innen zeigt sich auch in ihrem Essverhalten: Sie nehmen sich Zeit für das gemeinsame Essen und hören auf, sobald sie satt sind. Die Okinawa-Weisheit „Hara hachi bu“, was so viel bedeutet wie „Fülle deinen Magen nur zu 80 Prozent“ unterstreicht nochmals, dass nicht auf Kalorien und Portionsgrößen geachtet wird, sondern viel mehr auf die Signale des eigenen Körpers und die individuelle Sättigung. Falls du das Thema Sättigung weiter erforschen willst, findest du unter dem Link mehr dazu.

Nun zum Fazit dieser ganz besonderen Diät. Wer uns als essenZ schon länger kennt, wird sicherlich viele Übereinstimmungen der Lebens- und Essgewohnheiten der Inselbewohner*innen und unseren Empfehlungen entdeckt haben, die wir auf dem Blog, in den Beratungen, Workshops und auch auf unserer Instagramseite geben. Viel Gemüse, genügend abwechslungsreiche Proteinquellen, gute Fette und ausgewählte, hochwertige Kohlenhydrate wie auch ausreichend Ballaststoffe findest du auch in unseren Rezepten immer wieder. Vor allem aber ist uns das Bewusstsein für den eigenen Körper wichtig, wieder auf sein Bauchgefühl zu hören, genauso wie es auch die Inselbewohner*innen aus Okinawa zu tun schein. Entscheidend ist, dass es sich nicht wirklich um eine Diät handelt, sondern vielmehr um eine Lebensweise. Diesen Ansatz findest du auch in unserem Blogpost „Von Diäten und anderen Irrtümern“ wieder . Um gesunde hundert Jahre alt zu werden, braucht es nicht nur eine gute Ernährung, sondern auch ein gesundes soziales Umfeld, körperliche Aktivität, ein gutes Stressmanagement und auch einfach gute Gene. Doch da wir die Gene nicht verändern können, nehmen wir am besten das in die Hand, was wir ändern können.

Die Essenz: Die Okinawa-Ernährung ist eine erstrebenswerte, ausgeglichene und aufmerksame Lebensweise, deren wohltuende Bereiche auch in unseren Empfehlungen zu finden sind. Ob wir und du damit die 100 Jahre knacken oder nicht, kann keiner versprechen, aber zumindest werden die gelebten Jahre so hoffentlich gesunde und schöne Jahre.

 

(Saskia Neumeier)


Bild: © cristian_newman / unsplash.com

Quelle: Artikel "Zu Besuch in Japans Dorf der Hundertjährigen", veröffentlicht auf nationalgeographic.com am 13.10.2020, Update am 5.11.2020

Donnerstag, 25 Februar 2021 06:00