Milch kann fermentiert werden. Diese uralte Methode, um Lebensmittel haltbarer zu machen, wird auch für Weißkohl verwendet, um ihn durch die Fermentation als Sauerkraut für lange Zeit genießbar zu machen. Bei der Fermentation der Milch wird die darin enthaltene Laktose (Milchzucker) durch Mikroorganismen (Bakterien, die es gut mit uns meinen) abgebaut und Laktat (Milchsäure) entsteht. Dies hat zur Folge, dass einerseits die fermentierte Milch säuerlich schmeckt. Joghurt ist dafür vielleicht das bekannteste Beispiel. Andererseits sinkt durch die Säure auch der pH-Wert, wodurch Verderbniserreger kaum Möglichkeiten mehr für Wachstum haben. So bleibt das Lebensmittel länger haltbar!
Joghurt, der ursprünglich als Zufallsprodukt entstand, erfreut sich heute größter Beliebtheit. Milch wird durch die Anreicherung und Züchtung von Milchsäurebakterien fermentiert. Je nachdem welche Bakterienstämme enthalten sind, kann die optimale Temperatur für das Wachstum der guten Bakterien variieren. So wie bei uns Menschen auch. Einige von uns genießen es, die Sonne anzubeten wann immer es möglich ist und andere suchen schnell den nächsten Schattenplatz auf, um sich wohlzufühlen.
Die riesige Auswahl an Joghurt ist auf die große Bandbreite an Bakterien zurückzuführen. In der Herstellung werden unterschiedliche Kulturen, verschiedene Fettgehalte und auch Fermentationszeiten eingesetzt.
Joghurt mild, der in den deutschen Kühlregalen am verbreitetsten ist, unterscheidet sich von anderen Joghurt-Sorten durch die mild säuernden Bakterienkulturen, die vor allem rechtsdrehende Milchsäuren produzieren und damit nicht ganz so säuerlich sind. Was es damit auf sich hat? Dazu kommen wir gleich.
Der griechische Joghurt mit 10 % Fett beispielsweise besitzt eine größere Energiedichte als ein Joghurt mit nur 3,5 %, was auf die Herstellung zurückzuführen ist. Für ein Kilo des fettreichen griechischen Joghurts werden etwa vier Liter Milch gebraucht. Zum Vergleich: Bei normalem Joghurt wird nur ein Liter Milch für ein Kilo benötigt.
Ayran ist ein traditionelles Joghurtgetränk, das aus dem Kaukasus stammt und ursprünglich genau wie die Buttermilch als Nebenprodukt anfiel. Bei der heutigen Herstellung wird Joghurt mit Wasser im Verhältnis 2:1 schaumig geschlagen, gesalzen und dann kalt serviert. Durch die industrielle Herstellung mit mildem Joghurt wird jedoch häufig der traditionelle Geschmack verfälscht, da das Säuerliche verloren geht.
Doch für all die Joghurtprodukte gilt: Die probiotische Wirkung der Bakterien sorgt bei regelmäßigem Verzehr (täglich bitte!) für eine gesunde Darmflora und stärkt somit unser Immunsystem. Letztes Jahr haben es die Milchprodukte sogar geschafft, unser Lebensmittel des Monats zu werden. Warum, erfahrt ihr in dem Blogpost MILCHPRODUKTE • LEBENSMITTEL DES MONATS • JUNI 2019.
Um unsere Muskeln ausreichend mit den nötigen Bausteinen zu versorgen, ist ein hoher Eiweißanteil von Vorteil. Das ist nicht nur für Sportler wichtig!
Käse ist ein reichhaltiger Eiweißlieferant. Und im Gegensatz zum Joghurt wird dem Käse – dazu gehören auch Quark und Skyr, die per Definition zum Frischkäse gehören – zusätzlich zu den Bakterien auch tierisches Lab (oder mikrobielles Lab als vegetarische Alternative) hinzugefügt. Lab wirkt als Gerinnungsenzym und sorgt dafür, dass die Milch eindickt, ohne sauer zu werden. Auch unsere Vorfahren wussten bereits um diese Eigenschaft, wobei auch Pflanzensäfte wie das Labkraut verwendet wurden. Es gab dem Käse seine gelbe Färbung, die heute oft mithilfe von Farbstoffen erzeugt wird.
Bei der Käseherstellung verbinden sich die Eiweiße und Fette aus der Milch und die flüssigen Bestandteile – das Wasser aus der Milch – werden abgeschöpft. Bekannt ist dieses Wasser als Molke. Und sie hat es in sich! Neben dem Hauptbestandteil Wasser enthält sie Laktose, hochwertiges Eiweiß und kaum Fett. Vitamin B12, Calcium, Phosphor, Magnesium, Kalium, Eisen und Zink sind ebenfalls Bestandteile. Diese Zusammensetzung macht das Getränk zur wertvollen Zwischenmahlzeit für alle, aber auch zum beliebten Sportlerdrink, mit dem durch Schweiß verlorene Mineralstoffe wieder ausgeglichen werden können.
Die Dickmilch unterscheidet sich von den anderen fermentierten Milchgetränken insofern, dass zur Herstellung unbehandelte Rohmilch benötigt wird. Die normale Milch aus dem Supermarkt ist in der Regel erhitzt worden (pasteurisiert), um Keime abzutöten. Genau da besteht auch ein Risiko in der Dickmilchherstellung. Da sie nicht erhitzt wird, bleiben die gewünschten Milchsäurebakterien zwar vermehrt erhalten; ebenso können aber auch pathogene Keime – also solche, die Krankheiten fördern – enthalten sein und sich vermehren. Im Supermarkt findet man sie daher nur selten – aber vielleicht kennt noch jemand die eigene Dickmilchherstellung von der Oma? Für selbstgemachte Dickmilch gibt es einfache Anleitungen im Internet zu finden.
Schwedenmilch, oder in Schweden als Filmjölk bekannt, ist ebenfalls eine Form der Sauermilch, die jedoch als Milch-Sahne-Mischung eingedickt wird. Sie ist dadurch vergleichbar fettreich, liefert gleichzeitig aber auch Eiweiß und knochenstärkendes Calcium – und sättigt sehr gut, ohne ein schweres Bauchgefühl zu hinterlassen. Heike liebt sie!
Kefir stammt ursprünglich aus dem Kaukasus und hat den Ruf, lebensverlängernd zu wirken. Er kann aus Kuh-, Schafs- oder Ziegenmilch hergestellt werden und sorgt mit den enthaltenen Milchsäurebakterien – so wie die anderen auch – für ein Gleichgewicht innerhalb der Darmflora und unterstützt unser Immunsystem. Sein Geschmack ist sehr säuerlich und er prickelt fast vergleichbar wie Sekt.
Buttermilch ist kalorienärmer als Kefir, da sie aus entrahmter Milch hergestellt wird. Doch auch sie liefert reichlich Calcium, Zink und Vitamin B12. Das Eiweiß ist sehr hochwertig und unterstützt somit den Aufbau und Erhalt von Muskeln. Außerdem sättigt sie, wodurch die Buttermilch perfekt für Zwischendurch ist, um einen kleinen Hunger zu überbrücken. Steht auf der Verpackung lediglich Buttermilch, ist es möglich, dass Wasser und entrahmte Milch hinzugefügt wurden. Reine Buttermilch dagegen ist frei von Zusätzen und dadurch spürbar dickflüssiger.
Der Kanne Brottrunk tanzt in dieser Übersicht etwas aus der Reihe. Er ist ebenso ein Gärgetränk, aber nicht aus Milch, sondern aus Getreide und Natursauerteig. Gebackenes Sauerteigbrot wird zerkleinert und mit Wasser angesetzt. Der Gärprozess dauert mehrere Wochen und läuft ab wie bei der Milchfermentation, nur dass der Zucker aus dem Brot anstatt aus der Milch abgebaut wird. Doch auch hier entsteht die wertvolle Milchsäure, die eine positive Wirkung auf unseren Darm und in der Folge auch auf unser Immunsystem hat.
Doch er kann noch mehr! Als gesundheitliche Vorteile bringt der Brottrunk Milchsäurebakterien mit, die wie bereits erwähnt, eine positive Wirkung auf unseren Darm haben. Neben wertvollen Mineralstoffen wie Zink enthält er auch B-Vitamine, darunter vor allem das Vitamin B12. Es ist unter anderem wichtig für die Bildung und Reifung unserer roten Blutkörperchen.
Zugegebenermaßen ist der Geschmack gewöhnungsbedürftig, aber mit etwas Wasser verdünnt kann man ihn prima als Schorle genießen. In dem Blogpost SAUER MACHT LUSTIG UND GESUND! ODER: WER KENNT BROTTRUNK NOCH NICHT? gehen wir auch auf den Immun-Booster ein!
Und dann ist da ja noch die Frage, was es mit der rechts- und linksdrehenden Milchsäure auf sich hat. Ist dir das schon mal beim Lesen der Verpackung aufgefallen? Bei der eingesetzten Milchsäure wird zwischen rechtsdrehender (gekennzeichnet mit L(+), griechisch laevo = links) und linksdrehender Milchsäure (gekennzeichnet mit D(-), griechisch dextro = rechts) unterschieden. Doch wo ist der Unterschied? Welche Milchsäure entsteht, hängt von den Bakterienkulturen ab. Gesundheitlich scheint es keinen großen Unterschied zu geben, lediglich Säuglinge können die linksdrehende Milchsäure noch nicht verstoffwechseln. Geschmacklich säuert die linksdrehende Milchsäure den Joghurt mehr an als die rechtsdrehende. In Deutschland wird meist letztere genutzt, daher steht auf unseren Joghurts oft der Hinweis „Joghurt mild“.
Wird der Joghurt nach der Fermentation nicht pasteurisiert, also kurzzeitig erhitzt, bleiben lebende Mikroorganismen erhalten. Das bedeutet, dass die Kulturen, die bereits im Produkt die Laktose gespalten haben, unsere Verdauung weiter in ihrer Aufgabe unterstützen. Abhängig von den verwendeten Kulturen und der Fermentationszeit kann der enthaltene Restgehalt an Laktose stark variieren. Menschen, die Laktose nicht so gut vertragen, können unter Umständen daher trotzdem Joghurt, Quark oder andere Frischkäse verzehren.
Wenn man an Bakterien denkt, kommt häufig die gedankliche Assoziation mit Krankheiten und Infektionen. Dabei vergessen wir oft, wieviel Gutes uns diese Mikroorganismen tun können! Sie sind unerlässlich, wenn es um die Aufrechterhaltung einer funktionierenden Verdauung und Immunabwehr geht. Daher dürfen wir die guten Milchsäurebakterien gerne täglich verzehren und in unserem Darm herzlich willkommen heißen!
Hier ist noch einmal eine Übersicht über die faszinierende Welt der fermentierten Milchprodukte.
(Theresa Keßler)
Bild: © Theresa Keßler