Und was wird genau gemacht, wenn Milch haltbarer gemacht, sie pasteurisiert oder homogenisiert wird? Kein Wunder, dass bei der Wahl der Milch leicht Verwirrung darüber entstehen kann, welche Verarbeitungsschritte unabdingbar und welche vielleicht unnötig sind. Also höchste Zeit für uns, Licht ins Dunkle zu bringen!
Kuhmilch steht besonders in den letzten Jahren immer mehr in der Kritik. Und das zumindest teilweise zu Recht. In unserem letzten Blogpost haben wir daher pflanzliche Milchalternativen mal genauer unter die Lupe genommen und mit den Nährwerten der Kuhmilch verglichen. Schau doch mal rein.
Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht ist Kuhmilch ein gutes Produkt. Sie liefert uns eine ordentliche Portion Protein und versorgt damit die Muskeln. Gleichzeitig stärkt sie die Knochen durch viel Calcium und liefert zusätzlich auch noch das Vitamin D mit, das für die Aufnahme von Calcium benötigt wird. Dadurch ist sie besonders für Kinder und Jugendliche wichtig, bei denen die Knochendichte noch aufgebaut wird – und für Erwachsene, bei denen die Knochen stabil bleiben sollen. Aber welche Milch ist denn nun die Beste?
Fangen wir doch mal ganz vorne an:
Die Milch wird von der Kuh erzeugt, um ihre Kälber zu stillen. Welche Qualität die natürliche Milch also hat, kommt hauptsächlich auf das Futter der Kuh an. Aber auch Stress und der Einsatz von Medikamenten haben Auswirkungen auf die Milchqualität. Um sicherzugehen, dass das Futter hochwertig ist, keine Medikamente eingesetzt werden und die Kühe ausreichend Platz haben, lohnt sich der Griff zur Bio-Milch. Übrigens: Damit Kühe auf engerem Raum gehalten werden können, werden Kälber in der gängigen Praxis enthornt, denn Kühe mit Hörnern brauchen mehr Platz, um sich aus dem Weg zu gehen. Sie können sich sonst gegenseitig verletzen – beispielsweise, wenn der einen Kuh eine andere auf die Nerven geht. Leider schützen davor auch keine Bio-Siegel – bis auf eine Ausnahme: Das Demeter-Siegel verbietet das Enthornen und verkauft Milch als Produkt „von Kühen mit Hörnern“ – noch besser ist es also, hier zuzugreifen! (Notabene: Bei anderen Bio-Verbände wie Bioland gibt es auch einige Milchbäuer:innen, die ihre Kühe nicht Enthornen, aber es ist nicht prinzipiell verboten.)
Die Milch, die ganz frisch aus dem Euter einer Kuh kommt, nennt sich „Rohmilch“ oder – wenn sie auch kontrolliert wurde – „Vorzugsmilch“. Diese ist nur wenige Tage haltbar und gelangt nicht in den üblichen Handel. Man kann sie allerdings bei einigen Milchhöfen direkt bekommen – und sie ist die natürlichste Milchvariante, weil sie komplett unbehandelt ist und nur gekühlt wird.
Wie geht’s dann weiter? Die Rohmilch wird zuerst pasteurisiert, bevor sie den Weg in den Verkauf findet. Bei der Pasteurisierung wird die Milch wärmebehandelt (15–30 Sekunden bei 72–75 °C), was Keime tötet und somit die Haltbarkeit erhöht. Dieser Schritt ist bei jeder Milch im Handel unvermeidlich, um ein Lebensmittel zu garantieren, das im Falle einer sog. ESL-Milch („längerfrisch“) bis zu 21 Tage lang lecker und bekömmlich bleibt.
Milch, die länger haltbar sein soll, wird hocherhitzt oder sogar ultrahocherhitzt (wenige Sekunden bei über 135 °C) und findet sich dann als H-Milch in ungekühlten Regalen im Supermarkt – ein stärker verarbeitetes Produkt und ein veränderter Geschmack („schmeckt wie gekocht“, sagen manche) sind die Folge.
Nach der Wärmebehandlung wird die Milch bei den meisten Hersteller:innen homogenisiert. Bei der Homogenisierung werden die Fettkügelchen in der Milch mit hohem Druck zerkleinert, sodass sie dem Auge nicht mehr auffallen. Weil dann keine weißen Milchfett-Flocken mehr oben auf der Flüssigkeit schwimmen, sieht die Milch ansprechender und einheitlicher aus. Anders als die Pasteurisierung ist dieser Schritt aber nicht unbedingt nötig, sondern dient nur dem Aussehen der Milch.
Vollmilch oder fettarme Milch? Der früher sehr geläufige Satz „Fett macht Fett“ gehört mittlerweile eher in Geschichtsbücher als in Ernährungsblogs. Denn in einer hochwertigen Milch in guter (Bio-)Qualität ist Fett das Wertvollste – auch für die Molkereien, die das Milchfett gern auch als Sahne oder andere fettreiche Milchprodukte verkaufen. Deshalb ist auch die fettarme Variante immer ein bisschen günstiger als die vollfette Milch. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht lieben wir Fett: Zum einen sinkt der Anteil am in der Milch enthaltenen Vitamin D, wenn das Fett reduziert wird. Zum anderen wissen wir heute, dass das Milchfett sogar das Diabetes-Risiko reduzieren kann und fettreiche Milchprodukte bei der Gewichtsstabilisierung helfen können. Denn mit einem Blick auf die Kalorienangaben der beiden Milchvarianten wird deutlich, dass der Unterschied sehr klein ist. Bei einem Glas Milch am Tag (200 ml) sind es 30–40 Kalorien mehr bei der fettreicheren Variante. Das ist vergleichbar mit zwei Walnüssen oder einem kleinen Stück Schokolade. Ob fettreduziert oder Vollmilch entscheidet bei den meisten letztendlich wahrscheinlich die Zunge und von der dürfen sich hierbei alle auch gern mal leiten lassen.
Unser Fazit:
Kuhmilch ist ein gutes Produkt, gegen das aus rein ernährungswissenschaftlicher Sicht nichts spricht. Generell gilt natürlich auch hier: in Maßen statt in Massen genießen.
Wir halten viel von der fettreichen Bio-Vollmilch, am besten in Demeter-Qualität. Pasteurisiert darf die Milch sein, alle weiteren Verarbeitungsschritte wie Hocherhitzung oder Homogenisierung kann man sich aber gern sparen.
Kleiner Tipp: Meist schießt man sich auf eine Milchart ein. Mach‘ doch einfach mal den Test und vergleiche den Geschmack von verschiedenen Milchsorten, von denen eine Demetermilch ist. In unseren Workshops sind die meisten Teilnehmer:innen überrascht, wie gut eine Milch schmecken kann.
(Janina Kaiser)
Bild: © The Humble Co. / unsplash.com