Fake Food – Gefahrengut für den Körper

In unserem Blogpost „FAKE FOOD – IM BESTEN FALL SCHADET ES NICHT“ haben wir schon über Real Food und Fake Food geschrieben und erklärt, was den Unterschied macht. Sogenanntes Fake Food steht dabei für Lebensmittel, die ihre Bezeichnung als solche kaum verdient haben: ...

Produkte, die auf Basis billigster Rohstoffe wie Stärke, Zucker, Salz und billigem Fett hergestellt und dann bunt beworben werden. Und in diesem meist hübschen und wohlschmeckenden Gesamtpaket machen sich dann sinnvolle, aber auch unnütze Nährstoffe auf die Reise in unseren Körper. Vorstellen kann man sich das Ganze wie einen Transport per Lkw. Was tatsächlich drin ist, erkennt man nicht. Dass die Kombination aber ein Warnschild für Gefahrengut bräuchte, wird erst klar, wenn das Transportgut den Lkw verlässt – denn dann geht es rund!

 

(K)ein Klacks für den Körper
Fake Food enthält meist eine große Menge an Zucker oder anderen leicht aufspaltbaren Kohlenhydraten, wie sie in Stärke und hellen Getreideprodukten zu finden sind. Für den Körper ist die Verdauung aller Kohlenhydrate – ganz gleich, ob es kurzkettiger Haushaltszucker oder langkettige Stärke ist – ein Klacks und er kann sie schon am Anfang des Darms aufspalten und in einzelne Zuckermoleküle zerlegen. Diese Moleküle werden dann sehr schnell vom Blut aufgenommen, was den Blutzuckerwert förmlich in die Höhe rasen lässt. Durch die frühe Spaltung im erstenTeil des Darms und den dadurch bedingten schnellen Anstieg des Blutzuckerspiegels nach der Nahrungsaufnahme werden Hormone ausgeschüttet, die wiederum dafür sorgen, dass Insulin freigesetzt wird. Insulin öffnet die Zellen und ermöglicht den einzelnen Nährstoffen den Eintritt an ihren Bestimmungsort. So gelangt Zucker in die Muskelzellen und Fett in die Fettzellen. Essen wir Zucker in Kombination mit viel Fett, dann geben wir unserem Körper alles, was er braucht, um ein ordentliches Depot für schlechte Zeiten anzulegen, in denen es nichts zu essen gibt.
Und dabei bleibt es leider nicht. Durch die beschleunigte Aufnahme der Nährstoffe in die Körperzellen sinkt auch der Blutzuckerspiegel wieder sehr schnell ab und der nächste Hunger ist schon vorprogrammiert. Das Resultat ist ein Teufelskreis aus Heißhunger.

Im Gegensatz dazu hat unser Körper mit gut verpackten und langkettigen Kohlenhydraten, die gemeinsam mit Ballast- und Mineralstoffen unseren Darm erreichen, mehr zu tun. Die Verdauung und Aufspaltung dieser Kohlenhydrate dauert länger, allein schon, weil der Weg durch den Magen länger dauert. Sie haben doch sicher auch schon einmal von der besseren Sättigung durch Ballaststoffe gehört? Dazu kommt, dass die Zuckermoleküle aus einem Apfel oder einem Vollkornbrot erst viel später im Darm gespalten und dann aufgenommen werden können. Dadurch werden andere Hormone ausgeschüttet, die dafür sorgen, dass die gesamte Verdauung langsamer abläuft. Die einzelnen Nährstoffe, also auch der Zucker, werden so nur nach und nach ins Blut abgegeben, weshalb auch das Insulin verzögert freigesetzt wird. In der Folge bleiben wir länger satt, weil der Blutzuckerspiegel stabiler bleibt.

 

Nur das Beste für unsere Freunde im Darm
In der Wissenschaft wird immer deutlicher, dass der Darm wesentlich mehr Aufgaben hat als die schlichte Verdauung von Nahrungsbestandteilen. Unseren Darm besiedeln zigmillionen Darmbakterien und andere Mikroorganismen, die gut ein bis zwei Kilogramm des Körpergewichts bei Erwachsenen ausmachen – eine ganze Menge also! Vereinfacht gesagt können die Bakterien in gute, erwünschte und schlechte, weniger erwünschte Bakterien eingeteilt werden. Diese Bakterien liegen bei gesunden Menschen in einem bestimmten Verhältnis zueinander vor. In der Forschung gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass viele gesundheitliche Probleme mit Abweichungen von diesem Gleichgewicht einhergehen. Unter anderem wird eine veränderte Darmflora mit chronischen Erkrankungen, einem schlechteren Immunsystem und sogar unserer Psyche in Zusammenhang gebracht.
Aber auch bei krankhaftem Übergewicht werden Veränderungen der Darmflora beobachtet. Dafür werden die Darmbakterien von stark übergewichtigen Menschen mit denen von gesunden, normalgewichtigen Personen verglichen. Was auffällt: Bei stark übergewichtigen Menschen finden Forscher höhere Konzentrationen an Bakterien aus den sogenannten Firmicuten-Stämmen*. Diese Bakterien können aus den kleinsten Teilen von Lebensmitteln noch Nährstoffe und Energie in Form von Kalorien ziehen. In Notsituationen toll, in Zeiten des Überflusses können sie aber unbegrenzt Reserven aufbauen – und das als Fettdepot. Bei gesunden und normalgewichtigen Menschen liegt das Verhältnis mehr zugunsten der Bakterien aus den Bacteroideten-Stämmen, die Nahrung eher weniger gründlich verwerten. Zusätzlich gibt es auch Hinweise darauf, dass die Artenvielfalt der Bakterien im Darm gesunder Menschen größer ist.
Unsere Aufgabe ist es also, die guten, erwünschten Darmbewohner bestmöglich zu versorgen, damit sie sich gegen die unerwünschten Darmbewohner durchsetzen können – eine große Verantwortung, die in unseren Händen und noch besser auf unserem Teller liegt!

Richtiges Kraftfutter für die erwünschten Bakterien sind vor allem Ballaststoffe. Diese finden sich zum Beispiel als pflanzliche Fasern in rohem Obst und Gemüse. Aber auch Nüsse, Samen, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte liefern viele Ballaststoffe. Fake Food, das hoch verarbeitet ist und mit naturbelassenen Lebensmitteln eher wenig am Hut hat, liefert hingegen sehr wenige Ballaststoffe. Der enthaltene Zucker macht unsere Darmbewohner tatsächlich eher träge – ähnlich wie es uns auch nach einer großen Portion Nudeln oder einem süßen Dessert geht. Und auch Alkohol und die Einnahme von Medikamenten können für eine Veränderung der Darmflora durch eine verminderte Artenvielfalt der Bakterien sorgen. Fake Food schadet also auch den kleinsten schützenswerten Lebenswesen in uns.
Warum ist da aber trotzdem der Drang, immer wieder zuzugreifen, wenn die Packung Chips offen neben uns liegt?

 

Clever kombiniert!
Richtig raffiniert wird es beim Gehirn. Die gezielte Kombination aus Fett, Zucker, Salz und Stärke sorgt für Belohnungsreize in unserem Gehirn, die süchtig machen können. Auch die richtige Konsistenz bewirkt, dass wir immer wieder zugreifen wollen. Und das hat wahrscheinlich jeder schon einmal selbst erfahren können: Ob es der nur noch wenig crunchige Kartoffelchip nach einer Nacht an der Luft oder das kristallisierte und nicht mehr zart schmelzende Vanilleeis ist – auf einmal ist es gar nicht mehr so schwer, die Finger davon zu lassen. Tatsächlich können die Belohnungsreize, die Fake Food auslöst, das Sättigungsgefühl einfach überlagern – wir essen also weiter, obwohl der Magen eigentlich ausreichend gefüllt ist.

Im ernährungswissenschaftlichen Fachjargon wird das Ganze als „hedonische Hyperphagie“ bezeichnet. Forscher der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen beschäftigten sich in einer Studie mit der sogenannten „Naschformel“. Sie fanden heraus, dass ein hoher Fettanteil ein Lebensmittel nicht automatisch attraktiver macht. Vielmehr geht es um das perfekte Verhältnis von Kohlenhydraten und Fett. Genauer: Ein Produkt mit 45 % Kohlenhydraten und 35 % Fett spricht im menschlichen Gehirn das Belohnungszentrum an.
Und übrigens: Auch Schokolade und Nuss-Nougatcreme haben genau diese Mengenanteile an Fett und Kohlenhydraten, es sind also nicht nur Chips und Vanilleeis! Und wenn dies das Geheimrezept der Lebensmittelindustrie ist, gehen wir davon aus, dass auch Produkte wie Donuts, Currywurst mit Pommes und Burger dieses perfekte Verhältnis haben.

 

Die Zunge freut sich über die Cremigkeit, die Menge an Salz und über den hohen Zuckergehalt. Hat das Gefahrengut aber erst einmal seine Reise durch unseren Körper angetreten und verlässt den bunten Transportwagen, kann es ordentlich Schaden anrichten. Die Industrie trickst uns mit gezielten Nährstoffkombinationen und gut durchdachten Kampagnen aus. Da ist es gar nicht so leicht, die Spreu vom Weizen zu trennen und den Durchblick zu behalten.
Und gerade weil sich Lebensmittel so stark verändert haben, setzen wir umso mehr auf Natürlichkeit. Praktische Tipps für den Weg von zu viel Fake Food zu mehr Real Food haben wir ebenfalls in unserem Blogpost „FAKE FOOD – IM BESTEN FALL SCHADET ES NICHT“ gesammelt. Reinschauen lohnt sich!

 

(Janina Kaiser)

 

Quellen: * Mathur R., Barlow G.M. (2015) "Obesity and the microbiome"


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Montag, 22 März 2021 05:59