„Bist wohl vom Hafer gestochen…?“ hört man heute auch noch manches Mal von den Älteren. Wie schön, erinnert es mich doch sehr an meine Kindheit. Und aus dem Job kenne ich die Einschätzung des Hafers aus Sicht der Anthroposophie, in der der Hafer dem cholerischen Temperament zugeordnet wird. Nicht umsonst, denn Hafer kann unruhig und nervös machen – doch auch willenskräftig und wach! Daher, liebe Morgenmuffel, schüttet den Hafer in eure Frühstücks-Bowl, denn nicht nur im Pferde-Rennsport bringt Hafer einen nicht zu unterschätzenden Energieschub und wirkt aufmunternd.
Hafer ist also viel mehr als Tierfutter! Es ist schon ziemlich schlau, den Hafer in das eigene Leben einziehen zu lassen – selbst als Low-Carb-Fan.
Klar, der Hafer ist ein Naturprodukt und schwankt daher (leicht) in seiner Zusammensetzung: Die Sorte, die Umweltbedingungen (Bodenzusammensetzung, Klima) und auch die Anbautechnik (Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln) haben allen einen Effekt auf die Körner. Doch so oder so hat er vielen anderen Getreiden hier aus Mitteleuropa etwas voraus: mehr Eiweiß (ca. 12%) und hochwertige Fette (ca. 7%) als andere Körnchen. Erstklassig! Die Kleinen können sich sehen lassen!
Und noch einmal zurück zur Anthroposophie. In der heißt es, dass Hafer strukturbildende Eigenschaften hat! Wie bitte? Das fragte ich mich, als ich das vor Jahren zum ersten Mal hörte. Und dann kam auf einem Vortrag zur Sporternährung vom Referenten die gleiche Info noch einmal. Und er sprach dann auch noch vom Ackerschachtelhalm. Also gut, das waren genug Fragezeichen in meinem Kopf und ich machte mich auf die Suche nach Antworten. Ich fand sie auch. In Hafer und Ackerschachtelhalm – und übrigens auch in Hirse – befindet sich Silicea, zu Deutsch Kieselsäure. Das ist allen Naturschönheiten schon bekannt, denn er festigt Haut, Haare und Nägel. Und es ist auch für Bänder und Sehnen im Körper festigend. Aha! Daher strukturbildend! Und nochmal aha! Daher in der Sporternährung. Sprich, nicht nur Hafer- sondern auch Hirseflocken sind morgens wertvoll!
Und dann kam mir unlängst noch ein ganz anderes Phänomen unter: Hafertage werden beim Diabetes als Therapieform eingesetzt. Warum denn das? Wieder ein Fragezeichen, wieder begann die Suche nach Antworten. Dieses Mal waren sie leichter zu finden, denn das Beta-Glucan (auch ß-Glucan findet man) wird in der Ernährungswissenschaft gerade stark behandelt. Zum Beispiel in dieser aktuellen Studie zu ß-Glucan in der Gerste… Da ist es also auch zu finden.
ß-Glucan ist ein löslicher Ballaststoff im Hafer (und eben auch Gerste). Von allen Ballaststoffen, die im Hafer sind, macht das ß-Glucan etwa die Hälfte aus. 100 g Haferflocken enthalten ca. 4,5 g ß-Glucan. Haferkleie, die Haferhülle, enthält sogar etwa 8 g ß-Glucan in 100 g Kleie.
Für uns Menschen macht sich ß-Glucan besonders positiv im Stoffwechsel und im Verdauungstrakt bemerkbar: Es hat positive Effekte auf den Cholesterinspiegel, denn es senkt das „böse“ LDL-Cholesterin. Und es reguliert den Blutzuckerspiegel (Aha! Daher also der Einsatz in der Diabetes-Therapie). Das machen die ß-Glucane so erfolgreich, dass es dafür sogar einen offiziellen „health-claim“ (Gesundheitskennzeichnung) gibt.
Im Verdauungstrakt beruhigt es einen empfindlichen Magen, schützt die Darmwand vor Reizen und reguliert die Verdauungstätigkeit.
Und nun schmecken Porridge, Oatmeal, Overnight-Oats doch noch mal viel besser, oder? Die Schweizer wussten den Hafer natürlich auch zu schätzen – bei ihnen gibt es seit jeher das Bircher Müsli.
Habt ihr Lust auf ein einfaches Overnight-Oats-Rezept? Dann schaut doch mal hier! Oder macht euch mal ein Porridge selbst: Haferflocken in der 2,5-fachen Menge Wasser oder Milch aufkochen, und ziehen lassen. Dazu können Apfelmark oder frisches Obst, Nüsse und Gewürze (z.B. Zimt) kommen. Ich mach’s jetzt an den kalten Tagen am liebsten so: 50 g Haferflocken mit getrockneten Beeren drin, 125 ml Vollmilch, obendrauf Joghurt. Und wenn ich Lust drauf habe, gibt’s ein ganz wenig Obst und noch weniger Ahornsirup… Echt yummi!